Nach dem Hochwasser stehen nicht nur die von der Flut Betroffenen vor großen Problemen. Die gravierendsten Folgen sind vielerorts nicht die Feuchteschäden, sondern die mit dem Hochwasser verbundenen Kontaminationen durch Schadstoffe, Heizöl, Fäkalien und späteren Befall der Einrichtungen und Bauteiloberflächen durch Schimmelpilze und Bakterien. Deshalb gab das Bundesumweltamt (UBA) für Betroffene die Empfehlung heraus, alle Gegenstände, die sich nicht innerhalb von 24 bis 48 Stunden trocknen lassen, zu entsorgen sowie unmittelbar mit der technischen Trocknung der Gebäudesubstanz zu beginnen.

Hauseigentümern wurde wegen der idealen Bedingungen für Schimmel und Bakterien empfohlen, beim Aufräumen persönliche Schutzmaßnahmen anzulegen. „Der eigenen Sicherheit dienen Schutzhandschuhe, Einwegschutzanzüge oder bei der Entsorgung schimmelbefallener Stücke Atemschutzmasken.“ Die Instandsetzung der durchfeuchteten Bausubstanz zum Zwecke der weiteren Nutzung stellt nicht nur eine enorme finanzielle Belastung für die Eigentümer dar. Sie ist auch mit gesundheitlichen Gefahren für die Mitarbeiter der beauftragten Fachunternehmer verbunden, wenn Schadstoffe in Bauteilen nicht erkannt und beseitigt wurden.
Gerüche können Indiz für Schadstoffbelastungen sein
Durch das An- und Absteigen des Hochwassers werden neben zahlreichen Schadstoffen Fäkalien, Öl- und Treibstoffe sowie Heizölreste angelagert und dringen in poröse Wand- und Bodenbaustoffe ein. Durch Mineralische Kohlenwasserstoffe (MKW) können gesundheitliche und umweltrelevante Gefahren ausgehen.
Gefährdungsanalyse erstellen
Beauftragt der Fachunternehmer seine Mitarbeiter mit Arbeiten in Gebäuden, die von Hochwasserschäden betroffen sind, müssen die gesetzlichen Forderungen an den Arbeitsschutz erfüllt werden. Georg Brückner vom gleichnamigen Ingenieur- und Sachverständigenbüro Brückner für Holz und Holzschutz, Schimmel, Feuchteschäden an Gebäuden und Arbeitssicherheit erläutert, dass „im Vorwege durch den Unternehmer oder eine von ihm beauftragten Person im Rahmen einer Gefährdungsanalyse mit geeigneten Mitteln, zum Beispiel Laboranalysen oder Übernahme der Ergebnisse von schon durchgeführten Untersuchungen Dritter, festgestellt werden muss, ob besondere Gefährdungen für die Mitarbeiter bestehen.“
Eine solche Gefährdung kann in Zusammenhang mit Hochwasser zum Beispiel der Kontakt mit verunreinigtem Wasser sein, das durch Fäkalien, ausgelaufene Gefahrstoffe und Ähnliches belastet ist. Ist das Wasser schon wieder abgezogen, können nach wenigen Tagen auch erhöhte Belastungen durch vermehrten Schimmelbewuchs bestehen.
Brückner, der auch Fachbereichsleiter des Sachverständigenwesens im Deutschen Holz- und Bautenschutzverband (DHBV) ist, erläutert, dass anhand der festgestellten möglichen Gefährdungen vor Beginn der Arbeiten die Bedingungen festzulegen sind, unter welchen die Mitarbeiter ohne Gefährdung arbeiten können. „Da in der Regel bei Hochwasserschäden technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter oft nicht ausreichen beziehungsweise nicht möglich sind, ist auf die richtige Auswahl und Art der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ein besonderes Augenmerk zu richten. Es sind zum Beispiel wasserdichte Sicherheitsstiefel, Handschuhe und Sicherheitsanzüge geeignet. Atemschutz, Augen- und Kopfschutz darf nicht vernachlässigt werden. Weiterhin muss die individuelle Verweildauer in kontaminierten Bereichen möglicherweise verkürzt werden. Eine solche zeitliche Begrenzung kann sich auch durch den erforderlichen Atemschutz ergeben.“
Sind im Vorwege die Gefährdungen erfasst und die Schutzmaßnahmen (technisch, organisatorisch, PSA) festgelegt worden, ist es unbedingt erforderlich, die Mitarbeiter im Vorfeld der Arbeiten über die möglichen Gefährdungen und den richtigen Umgang damit nachweislich zu unterweisen. Die Einhaltung der Vorgaben durch die Mitarbeiter ist zu Beginn und fortlaufend während der Arbeiten zu kontrollieren und erforderlichenfalls zu korrigieren.
Durchfeuchtete Putze abschlagen, um Trocknung zu beschleunigen
Es gibt bislang keine verbindliche Richtlinie, wie hochwassergeschädigte Gebäude „richtig“ zu sanieren sind. Ein paar Grundsätze lassen sich aber dennoch aufstellen. Nachdem das Hochwasser die Gebäude verlassen hat und die Bausubstanz grundgereinigt wurde, müssen zunächst durchfeuchtete Putze vollständig abgeschlagen werden, um dahinterliegendes Mauerwerk schneller zu trocknen. Trocknungszeiten lassen sich durch diese Maßnahme deutlich verkürzen und mit technischen Trocknungsmaßnahmen zusätzlich
beschleunigen.

Die fachkundige Beprobung und Analyse geht wie bei der Instandsetzung von feuchte- und salzgeschädigten Mauerwerken auch in Fällen der Hochwassersanierung voraus. Erst nach einer eingehenden, fachkundigen Bauwerksdiagnose kann die Sanierungsempfehlung inklusive der eventuell erforderlichen Schadstoffsanierung erarbeitet werden. Sie ist jeweils individuell auf den Untergrund und das Objekt abzustimmen. Bei einer Durchfeuchtung des Mauerwerks über einen längeren Zeitraum ist zum Beispiel entscheidend, aus welchen Steinen der Wandbildner besteht, oder ob dieser womöglich zurückgebaut werden muss.
Autor: Rainer Spirgatis, Quelle: B+B Bauen im Bestand ❘ 1.2014
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