VOC- und Formaldehyd-Emissionen aus Möbeln – Pläne zur Kennzeichnung der Emissionsklasse von Möbeln in Frankreich

Die deutsche Möbelindustrie wird von Nachrichten aus Frankreich beunruhigt. 2015 wurde dort der Entwurf eines Dekrets für Label zur Kennzeichnung von Möbeln hinsichtlich ihrer VOC- und Formaldehyd-Emissionen vorgelegt, der sich an in Frankreich bereits bestehende Vorgaben für Bauprodukte anlehnte. Er enthielt auch im Vergleich zu deutschen Regelungen Verschärfungen gegenüber den bestehenden Standards, insbesondere sah er praktisch nicht einhaltbare Formaldehyd-Grenzwerte vor.

In einem zweiten, geänderten Entwurf vom 18. Januar 2017 wurden die im Entwurf von 2015 enthaltenen VOC-Grenzwerte für einzelne Stoffe und der TVOC-Grenzwert gestrichen, die Formaldehyd-Grenzwerte hingegen unverändert beibehalten.

Die Verunsicherung der deutschen Industrie ist auch in Bezug auf die rechtliche Situation innerhalb der EU daher groß. Sie hofft, dass sich alle Label in Europa unabhängig von möglicherweise bestehenden unterschiedlichen Grenzwerten zumindest auf gemeinsame Prüfbedingungen einigen.

In Frankreich bestehen Pläne, die dort für Bauprodukte eingeführte Kennzeichnung auf Möbel zu übertragen. Hierzu wurde 2015 der Entwurf eines Dekrets vorgelegt. Seit dem 18. Januar 2017 liegt ein veränderter zweiter Entwurf des Dekrets vor.

Der erste Dekret-Entwurf von 2015

Der erste Entwurf des Dekrets von 2015 (vgl. Décret, 2015; Arrêté, 2015) enthielt eine Liste mit Emissionsgrenzwerten für 21 Einzelstoffe und einen TVOC-Grenzwert für die Einstufung in 4 Emissionsklassen (A+, A, B und C; vgl. Abb. 1, Bild 1). Die VOC sollten gemäß DIN ISO 16000-6 und Formaldehyd gemäß DIN ISO 16000-3 in der Prüfkammer geprüft werden, die sich auf den Referenzraum nach DIN CEN/TS 16516 mit 30 m³ Raumvolumen bezieht. In diesem ersten Entwurf des Dekrets irritierten 2 Vorgaben: Zum einen war der Summengrenzwert TVOC niedriger als einige VOC-Einzelwerte, zum anderen wurden praktisch nicht einhaltbare Formaldehyd-Grenzwerte vorgeschlagen, für die Eistufung in die Klasse A+ z. B. von ≤ 3 µg/m³ (TVOC: total volatile organic compounds – Summe der flüchtigen organischen Verbindungen).

Prüfbedingung „Luftwechselrate“ verschärft

Die Prüfung in Frankreich wird zudem bei einer Luftwechselrate von 0,5 h–1 ausgeführt (dies entspricht der Anforderung im Décret 2011-321 für Bauprodukte von 2011). Die Prüfbedingungen entsprechen dabei weitgehend denen des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB; vgl. AgBB, 2015) in Deutschland, wobei die Anforderungen an den Luftwechsel für das Emissionslabel der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel e. V. (DGM) wie auch des „Blauen Engels“ allerdings 1 h–1 betragen.

Die Luftwechselrate von 0,5 h–1 bei den französischen Prüfungen würde daher unter sonst gleichen Bedingungen zwangsläufig zu höheren Stoffkonzentrationen bei gleicher produktbezogener Emissionsrate führen. Die vorgeschlagenen Grenzwerte aus Frankreich sind somit nicht direkt mit den Grenzwerten anderer Label vergleichbar (vgl. die Zusammenstellung der TVOC-Grenzwerte in Tabelle 1).

Tabelle 1:         Vergleich der TVOC-Grenzwerte verschiedener Label für Möbel

Label Luftwechsel in der Prüfkammer

in h–1

TVOC-Grenzwert

in µg/m³

Quelle
Entwurf des französischen Dekrets von 2015 0,5 < 250 Arrêté, 2015
eco-INSTITUT 1 < 300 eco-INSTITUT, 2016
ÖkoControl 1 < 300 ÖkoControl, 2016
DGM (RAL-RG 437 / RAL-GZ 430) 1 < 450 RAL-RG 437, 2015; RAL-GZ 430, 2016
RAL-UZ 38 1 < 450 RAL-UZ 38, 2013
TÜV Rheinland: Kastenmöbel 1 < 450 TÜV Rheinland, 2014
EU-Umweltzeichen für Möbel 1 < 450 Beschluss (EU) 2016/1332

Der zweite Dekret-Entwurf von 2017

In dem zweiten Entwurf des französischen Dekrets vom 18. Januar 2017 (vgl. Décret, 2017; Arrêté, 2017) ist für die Einstufung in die Klasse A+ wie im ersten Entwurf von 2015 der Grenzwert für Formaldehyd von ≤ 3 µg/m³ enthalten (vgl. Arrêté, 2017). Die Prüfung der VOC wird hingegen nicht mehr gefordert – weder der TVOC-Grenzwert noch die vormals 21 Grenzwerte von VOC-Einzelstoffen sind noch aufgeführt.

Wegfall der VOC- und TVOC-Grenzwerte

Die Prüfbedingungen hinsichtlich der Luftwechselrate unterscheiden sich allerdings noch immer von denen in Deutschland. Der Grenzwert von ≤ 0,3 µg/m³ bei einer Luftwechselrate von 0,5 h–1 für die Klasse A+ ist jedoch kaum einhaltbar, oft nicht einmal bei Naturholzmöbeln. Er würde entsprechend oft zu „roten“ Labeln führen (vgl. die Klassen C bzw. D in Abb. 1, Bild 3) und damit die intensiven Bemühungen um die Qualität der Möbel hinsichtlich des Emissionsaspekts in Deutschland konterkarieren.

Die DGM versucht, für die Emissionsgrenzwerte von Möbeln die empfohlenen TVOC-Leitwerte des Umweltbundesamtes für die Innenraumluft (Tabelle 2) einzuhalten. Die Leitwerte gelten für reale Räume als Summenwert für die Emissionen aus Bauprodukten und Möbeln.

Tabelle 2:         Leitwerte des Umweltbundesamtes für TVOC in der Innenraumluft (Quelle: UBA, 2007)

Stufe TVOC-Leitwert Bewertung
in mg/m³ in µg/m³
1 ≤ 0,3 ≤ 300 hygienisch unbedenklich

 

Cover der Fachzeitschrift Gebäudeschadstoffe und Innenraumluft, Band 2: Emissionen aus Bauprodukten
Cover Gebäudeschadstoffe und Innenraumluft, Band 2: Emissionen aus Bauprodukten

 

 

 

 

Sie lesen einen Auszug aus „VOC- und Formaldehyd-Emissionen aus Möbeln – Pläne zur Kennzeichnung der Emissionsklasse von Möbeln in Frankreich“ von Manfred Bräuer, erschienen in „Gebäudeschadstoffe und Innenraumluft“, Band 2. Den kompletten Artikel können Sie in unserem Shop als PDF-Download erwerben.

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