Es wird immer wieder diskutiert, ob bei Schimmel- und Feuchteschäden in Innenräumen eine für die Gesundheit relevante Exposition gegenüber Mykotoxinen und/oder anderen Stoffwechselprodukten von Schimmelpilzen auftreten kann. Diese aus umweltmedizinischer Sicht bedeutende Frage ist jedoch nicht abschließend geklärt, sodass hier ein hoher Forschungsbedarf gesehen wird. Bei innenraumbezogenen Fragestellungen wie dieser werden allerdings oft ohne tragfähige Datenbasis Ängste vor den angeblich extrem gefährlichen toxischen Wirkungen von Schimmelbelastungen in Innenräumen geschürt – verbunden mit der Herausbildung eines entsprechenden Dienstleistungsmarktes. Es wird hier daher zum einen der aktuelle Stand des Wissens zur gesundheitlichen Relevanz von Mykotoxinen bei Schimmelschäden in Innenräumen dargestellt und geklärt, inwieweit hier noch Forschungsbedarf besteht. Zum anderen wird geprüft, welche der in diesem Kontext gemachten Behauptungen nicht haltbar sind und wo die Grenzen der bisher durchgeführten Forschungsarbeiten liegen.
Aktueller Stand des Wissens
Zu den in der AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (Wiesmüller et. al., 2016) ausführlich dargestellten möglichen Gesundheitseffekten durch Schimmel besteht nach Durchsicht der Literatur bis Januar 2018 international Konsens (siehe z. B. Borchers/Chang/Gershwin, 2017). Hinsichtlich Mykotoxinen wird in der genannten Leitlinie dargestellt, dass die in Innenräumen auftretenden Konzentrationen dieser luftgetragenen, an Partikel gebundenen sekundären Stoffwechselprodukte deutlich unterhalb der akuten toxischen Wirkschwellen liegen. […]
Es gibt keine überzeugenden epidemiologischen (bevölkerungsbezogenen) Studien, die einen Zusammenhang zwischen Mykotoxinen im Innenraum und Gesundheitseffekten begründen. Dies bestätigen auch die abschließenden Aussagen von Täubel und Hyvärinen in ihrem Review zu Mykotoxinen, einem Überblick von Forschungsarbeiten […] (Täubel/Hyvärinen, 2016, S. 318).
Die Untersuchungen von Aleksic et al., 2017, zeigen zwar, dass innenraumrelevante Mykotoxine von verschimmelten typischen Baumaterialien in die Luft freigesetzt werden. Sie zeigen jedoch auch, dass die sich ergebenden Raumluftkonzentrationen mit hoher Wahrscheinlichkeit unter den bekannten Wirkschwellen für diese Stoffe (Carey et al., 2012) bleiben.
Zusammenhänge zwischen Schimmelschäden und Atemwegserkrankungen
Für die Mykotoxine von Stachybotrys chartarum konnte belegt werden, dass selbst unter ungünstigsten Bedingungen mit inhalativer Exposition in Wohnräumen keine LOAEL-Werte erreicht werden. Bei den LOAEL-Werten (lowest observed adverse effect level) handelt es sich um die niedrigste Dosis eines Stoffes, bei der unerwünschte gesundheitliche Effekte auftreten können. Die vorgenannten ungünstigsten Bedingungen umfassen hier u. a. die lebenslange Exposition gegenüber einem massiven Stachybotrys-Befall sowie die kumulative Toxizität (Anhäufung der aufgenommenen Toxinmengen im Körper) der makrocyclischen Trichothecene (von Stachybotrys chartarum gebildete Mykotoxine).
Dadurch ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die mit Schimmel-/Feuchteschäden in Zusammenhang stehenden Erkrankungen der oberen Atemwege sowie Asthma von Mykotoxinen mitverursacht werden (Gebauer et al., 2017). Auch die Ergebnisse der von Miller/McMullin, 2014, zusammengefassten Studien weisen darauf hin, dass die in Gebäuden mit Schimmelschäden auftretenden Konzentrationen von Mykotoxinen bei der Entwicklung von Atemwegserkrankungen eine Rolle spielen können. Die allgemein anerkannten Zusammenhänge zwischen Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen und Atemwegserkrankungen (vgl. z. B. WHO, 2009; Fisk/Eliseeva/Mendell, 2010; Mendell et al., 2011; Wiesmüller et al., 2013; Kanchongkittiphon et al., 2015; Wiesmüller et al., 2016; Mendell/Kumagai, 2017) zeigen sich auch in den Ergebnissen von Studien, bei denen in geeigneten Tiermodellen die biologischen Effekte durch Metabolite (Zwischenprodukte im Stoffwechsel bei der Umsetzung eines chemischen Stoffes) und Glucane (Zellwandbestandteile einiger Pilze) von Schimmelpilzen, die häufig auf Baumaterialien wachsen, auf die Lunge untersucht wurden.

Sie lesen einen Auszug aus „Gesundheitliche Relevanz von Mykotoxinen bei Feuchte- und Schimmelschäden in Innenräumen“ von Dr. rer. nat. Julia Hurraß, Dr. med. Birger Heinzow und Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller, erschienen in „Gebäudeschadstoffe und Innenraumluft“, Band 4. Den kompletten Artikel können Sie in unserem Shop als PDF-Download erwerben.
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