Insbesondere in den 1960er- und 1970er-Jahren wurde Bauprodukten wie Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern in geringen Mengen häufig vor allem Chrysotilasbest zugesetzt. Da dies bis vor Kurzem weitgehend unbekannt war, besteht die Möglichkeit, dass bei Do-it-yourself-Arbeiten Asbestfasern freigesetzt und von Heimwerkern eingeatmet wurden. Um abzuschätzen, ob es dabei zu einer gesundheitlichen Gefährdung gekommen sein könnte, werden als unterschiedliche Expositionsszenarien das Bohren von Löchern, das Abschlagen von Wandfliesen und das Abschleifen einer Wand geprüft. Die bei diesen Tätigkeiten möglichen Expositionen werden mit der in Deutschland unvermeidbaren Aufnahme von Asbest aus der Luft in der ländlichen bzw. städtischen Umwelt verglichen. Danach stellen die kurzzeitig erhöhten Expositionen unter den zugrunde gelegten Annahmen kein nennenswertes zusätzliches Krebsrisiko dar.
Asbestexposition von Heimwerkern
Bis zu ihrem Verbot 1995 sind in Deutschland über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren asbesthaltige Bau- und Verbraucherprodukte eingesetzt worden. Untersuchungen der letzten Jahre haben eine früher offenbar weitverbreitete Praxis der Beimischung von Asbest zu einer Vielzahl von Bauprodukten aufgezeigt. Nach einer ersten Schätzung sollen in 25 % aller Gebäude (vor allem aus den 1960er- und 1970er-Jahren) asbesthaltige Putze, Spachtelmassen oder Fliesenkleber vorkommen (vgl. Asbesthaltige Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber in Gebäuden, 2015). So soll z. B. bei Klebern für Wandfliesen ein Asbestgehalt von 0,04 % typisch sein (vgl. Hiltpold, 2014); allerdings können auch deutlich höhere Gehalte auftreten.
Diese Zusammenhänge sind in der Öffentlichkeit bislang kaum bekannt. Insbesondere für Heimwerker, die im Rahmen von Do-it-yourself-Arbeiten Fliesen, Wände oder andere Bauteile bearbeitet haben, stellt sich die Frage, welche gesundheitlichen Risiken mit diesen Tätigkeiten verknüpft waren. Denn die bearbeiteten Bauteile können asbesthaltige Spachtelmassen oder Kleber enthalten haben und die Tätigkeiten daher mit einer erhöhten Exposition gegenüber Asbest in der Innenraumluft von Wohnungen verbunden gewesen sein.
Gesundheitsgefahren durch kurzzeitig erhöhte Asbestexpositionen?

Kurzzeitig erhöhte Expositionen gegenüber Asbest in der Innenraumluft können z. B. bei mechanischen Bearbeitungen von asbesthaltigen Bauteilen bei Umbau- und Sanierungsmaßnahmen entstehen. Hierzu zählen das Bohren von Löchern in eine Wand, Fräs- und Stemmarbeiten an Wänden, das Schneiden und Abschlagen von Fliesen sowie das Abschleifen einer verspachtelten Wand (Abb. 1), an der in früherer Zeit (vor 1995) asbesthaltige Spachtel, Putze oder Fliesenkleber angebracht wurden.
Als Expositionsszenario wird im Folgenden eine einmalige Exposition eines Heimwerkers zugrunde gelegt, der z. B. einzelne Räume eines schon länger bewohnten Hauses renovieren oder umbauen möchte. Als „kurzzeitig“ wird dabei ein Expositionszeitraum über Tage oder wenige Wochen verstanden, als „erhöht“ eine Exposition, die die derzeit in Deutschland üblicherweise anzutreffende Exposition gegenüber Asbest in der Umwelt überschreitet.
Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse der Risikoabschätzung gelten nicht für Handwerker, die bei ihrer beruflichen Tätigkeit regelmäßig möglicherweise asbesthaltige Bauteile bearbeiten wie z. B. Elektriker, die Wände zur Verlegung von Kabeln aufschlitzen, Fliesenleger oder andere Berufe mit den oben genannten Tätigkeiten.

Sie lesen einen Auszug aus „Kurzzeitig erhöhte Exposition von Heimwerkern gegenüber Asbest – Ansätze zur gesundheitlichen Bewertung“ von Dr. rer. nat. Helmut Sagunski, erschienen in „Gebäudeschadstoffe und Innenraumluft“, Band 1. Den kompletten Artikel können Sie in unserem Shop als PDF-Download erwerben.
7 Seiten
Preis: € 6,90 (inkl. MwSt.)